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Reisen ohne zu fahren:
Liliputbahn im Kölner „Tivoli-Park“

 

Liliputlok im Kölner Tivoli

 

Aus alten Filmen kennt man es: Darsteller sitzen im Zugabteil, und im Fenster zieht eine Landschaft vorbei, die offensichtlich nur als Filmprojektion ins Bild gespielt wird. Diese Illusion wollte der kurzlebige Kölner „Tivoli-Park“ seinen Besuchern „live“ bieten. Dort war dafür ein Liliputbahn-Zug vorgesehen, Name des Projekts: „Lokorama“.

Der Kölner „Tivoli-Park“

Als 1967 für Köln die Bundesgartenschau 1971 geplant wurde, sah man es als sicher an, dass „eine Schmalspurbahn rechtsrheinisch den Besuchern zur Verfügung stehen wird“. Dabei war ungeklärt, ob es sich um die 381-mm-Dampfbahn handeln würde, die bereits 1950 und 1957 im Deutzer Rheinpark fuhr. Es lag damals aber auch ein Angebot „eines Privatunternehmers“ zum Betrieb der Bahn vor. Tatsächlich wurde in Deutz eine 600-mm-Parkbahn mit Dieselbetrieb gebaut.

1969 wurde die „Kölner Tivoli Erholungs- und Vergnügungspark GmbH“ gegründet. Sie wollte auf den linksrheinschen Riehler Auen einen Park errichten, der die rechtsrheinische Gartenschau ergänzen sollte.

Im März 1971 herrschte auf dem „Tivoli“-Gelände noch gähnende Leere, das geplante „Lokorama“ mit dem Liliput-Zug sollte wegfallen. Trotzdem konnte am 29.04.1971 in Köln-Riehl „Deutschlands größter Erholungs- und Vergnügungspark“ eröffnet werden.

Die Liliputbahn fehlte zu dem Zeitpunkt (Kölnische Rundschau, 27.04.1971: „Wir bemerkten [...] keine Mini-Eisenbahn.“). Später stellte man sie aber doch noch auf. Ihr „Lokorama“-Zweck: Besuchern sollte mittels einer Filmprojektion an den Waggon-Fenstern eine „Fahrt“ vorgegaukelt werden, Bewirtung eingeschlossen. Dazu kam es jedoch nie.

Konkurs

Der Park geriet sogleich nach der Eröffnung vor allem wegen seiner hohen Eintrittspreise in die Kritik. Nach Konflikten mit der Stadt Köln wurde bereits im Mai 1971 seine Schließung erwogen. Zahlreiche weitere Auseinandersetzungen folgten, bis die Stadt im Januar 1975 den Vertrag mit der „Tivoli“-Gesellschaft nicht mehr verlängern wollte. Auch neue Gesellschafter konnten an der Konsequenz nichts ändern: Der „Tivoli“ beantragte im April 1975 Vergleich. Nach der Sommersaison stand fest: Ein Schuldenberg von „über 3 Millionen Mark“ war angehäuft – Konkurseröffnung im August 1975. Die teils budenartigen Bauten des Parks wurden im März 1976 abgebrochen.

Die in Riehl stets funktionslose Dampflok „Fleißig’ Lies’chen“ (Krupp 1664/1937) wurde noch 1976 an die „Romney, Hythe and Dymchurch Railway“ (RH&DR) verkauft, die sie als Lok 11 „Black Prince“ wieder in Betrieb nahm.

 

Liliputlok schräg links

Keine Arbeit für „Fleißig’ Lies’chen“: Die Liliputlok auf ihrem Standplatz im Kölner Tivoli-Park. Dieses Bild stammt wie auch die anderen Fotos (Joachim Biemann) dieser Seite vom 23.08.1975.

 

Liliputlok schräg links von hinten

Nicht nur die Vorräte an Wasser und Kohle waren im Tender der Liliputlok untergebracht, sondern auch der Sitzplatz für den Lokführer (Foto: Joachim Biemann).

 

Krupp-Lok 1664: technische Daten (Neuzustand)

HerstellerFriedrich Krupp A.-G., Essen
Fabriknummer1664
Baujahr1937
Bauart2’C1’h2 + 2’2’T
Spurweite381 mm
Höhe1450 mm (bis Schornsteinoberkante)
Breite über die Laufbleche1000 mm
Gesamtlänge Lok7400 mm
Betriebsdruck13 at
Betriebsgewicht9800 kg (Lok und Tender)
Leistung40 PS
Größte Geschwindigkeit35 km/h (in der Geraden)
Wasservorrat750 Liter
Koksvorrat250 kg
KupplungBauart „Krupp Simplex“ (selbsttätig, kuppelt auch Bremsleitungen)

 

Liliputlok, Triebwerk links

Alles dran: das Triebwerk der Krupp-Liliputlok. Man beachte den zweischienig geführten Kreuzkopf und dessen robuste Bauart. „Liliputmäßig“ verkleinert ist auch das Krupp-Fabrikschild auf dem Dampfzylinder (Foto: Joachim Biemann).

 

Krupp-Lok 1664: Geschichte

DatumVerbleib
01.05.1937Geliefert an die Rheinische Bahngesellschaft A.-G. (RhB) zusammen mit zwei Schwesterloks für Ausstellung „Schaffendes Volk“ (Düsseldorf). Nach Ende der Ausstellung in einem Rheinbahn-Depot abgestellt.
1939Verkauft nach Köln. Dort 1940 vorgesehen für die „Internationale Verkehrsausstellung“, die jedoch wegen des Zweiten Weltkriegs nicht stattfand. Statt dessen im Bw Frechen der KFBE abgestellt.
1950Im Rheinpark Köln-Deutz eingesetzt, Anlass: „1900 Jahre Stadt Köln“; Name der Lok: „Fleißig’ Lies’chen“. Gesamtlänge der Strecke: 2,8 km – Erste Saison: bis Mitte Oktober 1950, ab November Loks und Waggons im Bw Frechen abgestellt und dort aufgearbeitet
1953Loks und Wagen zur Verkehrsausstellung nach München (zum Transport verladen im März)
1957-1959Auf der Bundesgartenschau (und danach) wieder im Deutzer Rheinpark eingesetzt
1958Ostern: Saisonbeginn der Rheinparkbahn in Köln
1959?im Bw Frechen abgestellt
1971?im Kölner „Tivoli-Park“ für ein „Lokorama“ aufgestellt
1976RH&DR, Nr. 11 „Black Prince“ (Name = 2. Besetzung). Dort später schwarz lackiert und mit kleineren Windleitblechen versehen.

 

Krupp-Loks 1662-1664: Übersicht

BaudatenDüsseldorfKölnVerbleib
Krupp 1662/1937RhB [1 „Düssel“]*1 „Rosenkavalier“Bressingham Steam Museum „Rosenkavalier“
Krupp 1663/1937RhB [2 „Jan Wellem“]*2 „Männertreu“Bressingham Steam Museum „Männertreu“
Krupp 1664/1937RhB [3 „Radschläger“]*3 „Fleißig’ Lies’chen“RH&DR 11 „Black Prince“

* Die Zuordnung von Fabriknummern einerseits und Betriebsnummern/Namen andererseits ist für Düsseldorf (und nur für dort!) unsicher, dürfte aber stimmen. Bevor die Loks bei der Rheinbahn (in der Tabelle abgekürzt als „RhB“) in Betrieb genommen wurden und die in der Tabelle angegebenen Namen erhielten, waren sie mit den Namensschildern „Blitz“, „Donner“ und „Doria“ versehen.

In Köln kamen folgende Bezeichnungs-Kombinationen vor: „KÖLNER MESSE-EXPRESS“ (zeitweise statt dessen „RHEIN-EXPRESS“), darunter „Arnöldche x“ (das „x“ steht für eine der Nummern 1, 2 und 3) und auf der Rauchkammertür sowie am Führerhaus Betriebsnummer als Farb-Anschrift (keine Eigentümer-Angabe an der Lok). Der Name „Arnöldche“ bezog sich auf Karl Arnold, den damaligen Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen. Andere Anordnung (vermutl. 1957/59): länglich-ovales Namens-Schild (z. B. „Männertreu“), darunter Adler-Wappen der KVB/KFBE, am Windleitblech ganz vorne: Betriebsnummer mit Farbe aufgemalt.

 

Literatur (Auswahl)

  • 100 Jahre Köln-Frechen-Benzelrather Eisenbahn. Herausgeber: HGK. Köln 1993. S. 89f.
  • Biemann, Joachim: Die Köln-Frechen-Benzelrather Eisenbahn. Unveröffentlichtes Manuskript.
  • [Flaskamp, Peter J.:] Siebzig Jahre deutsche Einheits-Liliput-Lokomotive. In: Lok Report 12/1995, Seiten 4 bis 8.
  • Flaskamp, Peter J.: Noch mehr deutsche Liliput-Lokomotiven. In: Lok Report 12/1996, Seiten 6 bis 9.
  • Horstmann, Angela: Kleiner Zug, großer TV-Star. In: Kölnische Rundschau, 17.08.1993.
  • Horstmann, Angela: Klein aber fein. Die Kleinbahn im Rheinpark fährt seit 65 Jahren. In: [? – Auch meine Kollegin A. Horstmann kann leider keine Quelle angeben.], S. 40f.
  • Jacob, Thomas; Pucka, Andreas: Ausstellungsbahnen. Anfänge und Gegenwart. Dresden 1996.
    Zum Bezug dieser preiswerten, empfehlenswerten Broschüre sowie weiterer Hefte und Ansichtskarten: Besuchen Sie die Homepage der beiden Autoren des Hefts: J & P, dort auch Informationen zum Thema „Liliputloks“.
  • JMH [= Hill, Joachim M.]: Liliputaner aus München. In: eisenbahn magazin 12/1991, S. 56 f. [auch über die Krupp-Loks]
    – Leserbriefe hierzu in: eisenbahn magazin 4/1992, S. 24 [mit Fotos Krupp 1664 und 1662]
  • Strauß, Walter: Liliputbahnen. Darmstadt (Verlag Kirchler) 1938.
  • Ziegenfuß, Peter: Fried. Krupp AG. Lieferverzeichnis Teil 1 Fabriknummern 1 bis 3000. In: Jahrbuch für Eisenbahngeschichte, Band 25. Lübbecke (Verlag Uhle & Kleimann) 1993, S. 69-128 (Liliputloks: S. 96 f, Foto Fabriknummer 1664: S. 98).
     
  • Kölns Liliput-Bahnhof im Bau. In: Kölnische Rundschau, 15.04.1950
  • Liliputbahn bei Probefahrt entgleist. In: Kölnische Rundschau, 22.05.1950
  • Kleines Fräulein aus Düren hatte Glück. 200 000. Fahrgast der Liliputbahn. In: Kölnische Rundschau [Datum unbekannt]
  • Liliputloks fuhren ins Winterquartier. In: Kölnische Rundschau, 31.10.1950
  • Liliputbahn wurde nach München verfrachtet. In: Kölnische Rundschau, 21.03.1953
  • Lieschen faucht wieder. In: Der Mittag, Spätausgabe, 09.04.1958
  • Arnöldchen-Lok in Frechen entdeckt. In: Kölnische Rundschau, 03.10.196[x]
  • Triumph der Attraktionen auf der „Bugasch 1971“. In: Kölnische Rundschau, 22.09.1967
  • Tivoli in Köln. In: Kölnische Rundschau, 04.09.1969
  • „Tivoli“ ist zur Zeit noch ein Sturzacker. In: Kölnische Rundschau, 25.03.1971
  • Ab Donnerstag freie Fahrt für das Riesenrad. In: Kölnische Rundschau, 27.04.1971
  • Die Tivoli-Reste müssen weg. In: Kölnische Rundschau, 14.02.1975

Link zur Romney, Hythe and Dymchurch Railway
Link zur heutigen Kleinbahn im Rheinpark

Hinweis: Die anderen Liliput- bzw. Parkbahnen in Köln-Deutz (1928 sowie 1971 bis heute) sind in diesem Artikel nicht behandelt (spätere Beiträge vorbehalten).

 

Autor dieses Beitrags: Joachim Biemann (Text und Fotos)
Online: 24.04.2000
Version vom 07.06.2007
html-Status: 05.06.2010

 

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