Die Kleinbahn Mödrath-Liblar-Brühl
im Spiegel der Geschäftsberichte der Westdeutschen Eisenbahn-Gesellschaft zu Köln
Geschäftsjahr 1899
Fertiggestellt wurden im Jahre 1899 [...] Liblar=Brühl (Vochem),
Reststrecke der Linie Mödrath=Liblar=Brühl [...].
Die Gesamteinnahmen der Teilstrecke Mödrath=Liblar der Kleinbahn
Mödrath=Liblar=Brühl für die ersten zehn Betriebsmonate März/Dezember
1899 betrugen 47 206.25 M, die Ausgaben einschließlich der Rücklagen
22 951.10 M, der Überschuß daher 24 255.15 M.
Aus diesem Überschuß war noch der Special=Reservefonds für diese Linie mit
121.28 M = ½ % des Reinertrags zu dotieren. Der vorstehende Prozentsatz
ist seitens der Aufsichtsbehörde festgesetzt worden.
Geschäftsjahr 1900
In unserem Eigentum stand Ende des Jahres 1900 nur noch die Kleinbahn
Mödrath=Liblar=Brühl; im Laufe des Jahres 1901 wird auch diese Kleinbahn einer
besonderen Aktiengesellschaft übertragen werden. Es hat nämlich nach dem Urteil
des Herrn Ministers der öffentlichen Arbeiten die Bahn eine derartige Bedeutung für
den allgemeinen Verkehr erhalten, daß sie als Kleinbahn fernerhin nicht anzusehen, sondern
dem Eisenbahngesetze von 1838 zu unterstellen und als Nebenbahn weiter zu betreiben ist. Zu diesem
Zwecke soll nach Maßgabe der genehmigten Finanzierungsgrundlagen eine Eisenbahn=Aktiengesellschaft
mit dem Sitze in Köln errichtet werden, welche die Konzession für den Umbau der Bahn
als Nebenbahn und den Weiterbetrieb derselben erhalten wird.
Nach Durchführung dieser neuen Geschäftsgründung werden alle Bahnen,
an denen wir interessiert sind, sich im Besitze besonderer Aktiengesellschaften befinden. [...]
Die Kreis Bergheimer Nebenbahnstrecken werden mit der in eine Nebenbahn umzuwandelnden
Kleinbahn Mödrath=Liblar=Brühl ein zusammenhängendes, dreischieniges, normalspurig und
meterspurig ausgebautes Eisenbahnnetz bilden, welches an die Staatsbahn in Elsdorf, Bedburg, Horrem,
Rommerskirchen, Liblar und Brühl angeschlossen wird. Der Anschluß an Bahnhof Brühl
wird voraussichtlich unter Benutzung einer Strecke der Aktiengesellschaft „Köln=Bonner
Kreisbahnen“ erfolgen, welche zu diesem Zwecke die betreffende Strecke dreischienig auszubauen
haben würde. Durch Vermittelung derselben Bahnen wird der Anschluß an die Umschlagstelle
Godorf am Rhein bewirkt, wodurch den großen Braunkohlenwerken die erwünschte Wasserverbindung
in bequemer Weise geschaffen wird.
Mit dem Kreise Bergheim haben wir einen neuen Vertrag vereinbart und werden nach
diesem Vertrage bis zum Ablauf des zwanzigsten Jahres, welches der Eröffnung der Nebenbahnstrecke
folgt, den Betrieb pachtweise führen, unbeschadet des Rechts des Staates, vom Jahre 1910 ab die
Nebenbahnstrecken des Kreises Bergheim sowie die Linie Mödrath=Liblar=Brühl zu erwerben.
Im Falle des Erwerbes hat der Staat das Anlagekapital der Linie Mödrath=Liblar=Brühl mit einem
Aufgelde von 10 % zu erstatten; lediglich diejenigen Kosten, welche jetzt noch aufzuwenden sind,
um die Teilstrecke Liblar=Brühl in eine Nebenbahn umzuwandeln, werden ohne Aufgeld erstattet. [...]
Die Bruttoeinnahme der Teilstrecke Mödrath=Liblar der Kleinbahn
Mödrath=Liblar=Brühl betrugen 1900: 79 492.56 M, 1899: 47 206.25 M,
die Ausgaben einschließlich der Rücklagen 41 879.14 M bezw. 22 951.10 M,
der Überschuß daher 37 613.42 M, bezw. 24 255.15 M.
Aus diesem Überschusse war noch der Specialreservefonds für diese Linie
mit 188.07 M = ½ % des Reingewinnes zu dotieren.
Der vorstehende Prozentsatz ist seitens der Aufsichtsbehörde festgesetzt worden.
Geschäftsjahr 1901
Der allgemeine wirtschaftliche Niedergang, welcher sich im Anfang des Jahres 1901
auf den von uns betriebenen Bahnen nur wenig bemerkbar machte, beeinflußte dieselben in der
zweiten Jahreshälfte und auch jetzt noch andauernd in ganz unerwartetem Maße. [...]
Auf den Bergheimer Kreisbahnen und der Linie Mödrath=Liblar=Brühl wurden
die zum Zwecke der Umwandlung dieser Bahnen in normalspurige bezw. dreischienige Nebenbahn [!]
auszuführende Arbeiten eingeleitet. [...]
Wie schon oben erwähnt, ist das Jahr 1901 in den Betriebsergebnissen
ungünstig gewesen; denn bei allgemein abnehmendem Güterverkehr und dadurch bedingter
Verringerung der Einnahmen waren die Ausgaben hoch, weil die verwendeten Betriebsmaterialien zu
hohen Preisen während der industriellen Hochkonjunktur beschafft und ferner für
Arbeitslöhne hohe Aufwendungen zu machen waren. [...]
Die Linie Mödrath=Liblar=Brühl, die in der Hauptsache auf Braunkohlen=
und Brikettransport angewiesen ist, brachte einen Reinüberschuß, ausmachend 1 1/3 %
des bis jetzt investierten Kapitals. Zufolge des Anschlusses neuer Werke ist der Verkehr im Wachsen,
und es wird für das laufende Jahr etwa der doppelte Reinertrag erwartet. Der Ertrag dieser Linie
hängt wesentlich von der Entwicklung des Rheinumschlagverkehrs der Braunkohlenindustrie ab; diese
Industrie ist auf den Wasserweg angewiesen, wenn sie für die sehr bedeutend gesteigerte
Leistungsfähigkeit der syndizierten Briketwerke genügenden Absatz finden will. Die
Transporte nach der Rheinumschlagstelle bei Godorf haben in geringem Umfang begonnen; nach erfolgter
Entwicklung dieses Verkehrs wird die Bahn eine gute Rente abwerfen. Die Umwandlung der Bahn in eine
Nebeneisenbahn nach dem Gesetz von 1838 ist noch nicht vollzogen; indes wird die Gründung der
Aktiengesellschaft im Laufe dieses Jahres erfolgen und der Nebenbahnbetrieb im Jahre 1903 aufgenommen
werden können.
Geschäftsjahr 1902
Die im vorjährigen Geschäftsbericht erwähnte ungünstige
Einwirkung des im Jahre 1901 eingetretenen allgemeinen wirtschaftlichen Niederganges hat sich auch
noch in der ersten Hälfte des Berichtsjahres auf den von uns verwalteten Bahnlinien durch
Ausbleiben der regelmäßigen Verkehrssteigerung weiterhin unangenehm fühlbar gemacht;
in der zweiten Jahreshälfte zog der Verkehr indessen kräftig an, sodaß die
Betriebsergebnisse des ganzen Berichtsjahres noch eine wesentliche Besserung gegen das Vorjahr aufweisen. [...]
Der Umbau der schmalspurigen Kleinbahn Mödrath=Liblar=Brühl in eine
dreischienige Nebenbahn wird voraussichtlich bis Ende 1903 vollendet. [...]
Die Linie Mödrath=Liblar=Brühl, welche von uns noch als Kleinbahn
betrieben wird, brachte einen Reinüberschuß, welcher ca. 3 % des investierten
Kapitals ausmacht, gegen 1 1/3 % im Jahre 1901; die im Bericht für das Jahr 1901
ausgesprochene Erwartung hat sich daher im vollen Maße erfüllt, trotzdem der
Rheinumschlagsverkehr der Braunkohlen=Industrie auf der Umschlagstelle Godorf am Rhein noch
geringfügig und unregelmäßig ist. Nach dem dreischienigen Umbau der Bahn werden
noch einige größere Brikettwerke Anschluß an dieselbe nehmen, wodurch der Bahn
weitere große Transporte zufallen. Eine volle regelmäßige Verkehrsentwickelung
auf dieser sehr aussichtsvollen Linie ist gesichert, sobald die Braunkohlenbrikett=Industrie eine
größere Stetigkeit des Absatzes ihrer großen Produktion durch ausgiebige Benutzung
der durch den Rheinumschlag gebotenen vorteilhafte [!] Transportgelegenheit erreicht haben wird.
Die Umwandlung der Bahn in eine Nebeneisenbahn nach dem Gesetz vom Jahre 1838 ist noch nicht vollzogen,
weil zeitraubende Verhandlungen wegen der an die Bahn zu stellenden militärischen Anforderungen
nötig wurden; es sind indes nunmehr alle Anstände beseitigt, sodaß die Gründung
der Gesellschaft im Sommer 1903 erfolgen kann.
Geschäftsjahr 1903
Die im Jahre 1902 eingetretene Besserung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage
hat auch im Berichtsjahre angehalten und einen normalen Fortschritt der meisten Bahnlinien,
an welchen wir interessiert sind, gezeitigt. [...]
Der Umbau der Bergheimer Kreisbahnen in normalspurige bezw. dreischienige
Nebenbahnen ist im Berichtsjahre in der Hauptsache fertiggestellt worden. Die vollständige
Durchführung des Umbaues, welche bis zum April 1904 in Aussicht genommen war, kann wegen
erheblicher Verzögerung in der Feststellung der Pläne erst zum Herbst dieses Jahres
erwartet werden. Dasselbe gilt für den Umbau der schmalspurigen Kleinbahn
Mödrath=Liblar=Brühl in eine dreischienige Nebenbahn, deren Eröffnung als Nebenbahn
gleichzeitig mit den Linien der Bergheimer Kreisbahnen erfolgen wird. [...]
Die Linie Mödrath=Liblar=Brühl ist bis zum 1. Oktober 1903
für unsere Rechnung, von da ab für Rechnung der inzwischen errichteten
Mödrath=Liblar=Brühler Eisenbahn=Aktiengesellschaft, jedoch auch für deren
Rechnung als Kleinbahn betrieben worden.
Der Reinüberschuß der im Umbau begriffenen Bahn war nach Deckung
der Rücklagen usw. nur um ein geringes höher als im Jahre 1902; er betrug
76 337.97 M gegen 75 042.68 M im Jahre 1902.
Im laufenden Jahre betrug die Einnahme der Mödrath=Liblar=Brühler
Bahn in den ersten drei Monaten 42 298 M gegen 31 195 M
im Berichtsjahre. Der Überschuß betrug in den ersten drei Monaten des Jahres 1904
26 387 M gegen 18 010 M in den ersten drei Monaten des Berichtsjahres.
Geschäftsjahr 1904
Die Eröffnung des Nebenbahnbetriebes auf den Strecken Mödrath=Elsdorf=Bedburg
und Bergheim=Rommerskirchen der Bergheimer Kreisbahnen und auf der früheren Kleinbahn
Mödrath=Liblar=Brühl ist nach Vollendung der Umbauten und Ergänzungsbauten am
19. Dezember 1904 erfolgt.
[Die hier nicht zitierten Teile der Geschäftsberichte betreffen andere Bahnen der WEG]
siehe auch:
Aus den Geschäftsberichten der Mödrath-Liblar-Brühler Eisenbahn-Aktiengesellschaft in Cöln
Autor dieses Beitrags: Joachim Biemann (html-Umsetzung)
Online: 02.03.2001
html-Status: 05.06.2010
Bahnen im Rheinland
www.bahnen-im-rheinland.de
|