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Das Bw Köln-NippesTeil 1: Die Vorgänger-Anlage
Bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts gab es zwischen Köln und dem Vorort Nippes eine bemerkenswerte Betriebsstelle: die Blockstelle (Bk) und Zugmeldestation „Großkreuz“. Bei ihr trafen über eine aufwändige Weichen- und Kreuzungsanlage vier Strecken ebenerdig zusammen:
Der Grund, die betrieblich sehr hinderliche Anlage Großkreuz zu installieren: Das Gebiet dort befand sich im Festungs-Rayon, wo die Militärbehörde Bahndämme und -überführungsbauwerke nicht gestattete. Für einen nicht genannten Zeitpunkt, vermutlich um 1909, werden durchschnittlich 68 Leerfahrten von Lokomotiven zwischen Nippes und Köln über Bk Großkreuz angegeben. Rechnet man die übrigen Zugfahrten auf allen vier Strecken dazu, dürften damalige Eisenbahnfreunde dort paradiesische Beobachtungsmöglichkeiten des Betriebs gehabt haben. Nahe bei Bk Großkreuz lagen drei Betriebswerkstätten. Sowohl die Betriebswerkstätte (abgekürzt: die Bw; gelegentlich trifft man auch die Bezeichnung „Betriebswerkmeisterei“) Cöln Betriebsbahnhof (Bbf) für Schnell- und Personenzuglokomotiven als auch die alte Betriebswerkstätte Cöln-Gereon (für Güterzugloks) verfügte über einen großen Ringlokschuppen, von denen jeder mit zwei Drehscheiben ausgestattet war. Beide waren in unmittelbarer Nachbarschaft auf zwei Ebenen angeordnet (Bbf: hoch, Gereon: tief); der Höhenunterschied betrug rund 5,7 Meter. Als dritte Betriebswerkstätte in dem Bereich war ein Ringlokschuppen zu finden, der zwischen Bk Großkreuz und Haltepunkt Nippes in einem Gleisdreieck stand. Nennen wir diese Dienststelle „Bw Cöln-Nippes (alt)“. Das erwähnte Gleisdreieck wurde von den Streckengleisen nach Aachen und nach Neuss gebildet sowie aus einer im Nordwesten verlaufenden Verbindung zwischen Ehrenfeld (Bk Herkulesstraße) und Nippes. Auf Darstellungen eines älteren Bauzustands ist die Verbindung Ehrenfeld–Nippes allerdings noch südöstlich der Betriebswerkstätte in einer abenteuerlich engen Kurve vorbei geführt. Die Betriebswerkstätte Nippes (alt) war in unmittelbarer Nähe von Bk Großkreuz an die Strecke Köln–Aachen angeschlossen und bei Stellwerk IV an die Neusser Strecke. Einige Anhaltspunkte sprechen dafür, dass die Betriebswerkstätte um 1890/91 in Betrieb genommen wurde. Als Ausstattung der Betriebswerkstätte fand sich ein Ringlokschuppen mit 32 Ständen, eine Drehscheibe, eine Bekohlungsanlage, ein Kohlenlager, ein Kohlenlagerplatz und zwei Kohlenschuppen. Auf einem Teil des Geländes im Gleisdreieck war außerdem ein Lagerplatz für Oberbau-Materialien untergebracht. Ein Hinweis auf die Aufgaben der Betriebswerkstätte lässt sich Glasers Annalen (Nr. 763 vom 01.04.1909, Seite 161) entnehmen:
Über Stationierungen in der Betriebswerkstätte Nippes (alt) ist nichts bekannt. Die oben genannte Zahl von 68 Lokfahrten täglich wie auch die Dimensionen der baulichen Anlagen lassen auf eine bedeutende Dienststelle schließen. Überliefert ist, dass die preußische Versuchs-Schnellzuglok „Cöln 101“ im Jahr 1913 in der Betriebswerkstätte Cöln-Nippes ausgemustert wurde. Vermutlich ist damit Nippes (alt) gemeint. Die von Hohenzollern hergestellte 2'Bn2-Maschine besaß einen Wellrohrkessel der Bauart Lenz. Sie wurde am 24. Juni 1892 bei der Betriebswerkstätte Cöln Bbf in Dienst gestellt. Am 6. Februar 1894 zerknallte ihr Kessel auf Bahnhof Bonn. 1895 erhielt sie einen Ersatzkessel der Normalbauart. Nach ihrer Ausmusterung wurde sie 1914 in der Zentralwerkstätte Cöln zerlegt, also im späteren Ausbesserungswerk Köln-Nippes. Betriebswerkstätten verschwinden – aber nicht ganzVermutlich 1913 wurde die Betriebswerkstätte Nippes (alt) stillgelegt. Ihre Aufgaben übernahm die neue, 1912/13 errichtete Betriebswerkstätte Nippes, deren Rechteck-Lokomotivschuppen im Stadtteil Longerich heute noch als Heimat des Rheinischen Industriebahn-Museums (RIM) besteht. Im Jahr 1913, also etwa gleichzeitig mit Nippes (alt), endete auch der Betrieb in der Betriebswerkstätte Gereon (alt). Nachdem deren Anlagen abgebrochen waren, wurde dort das Gelände aufgeschüttet, darauf die Wagenhalle und Schiebebühne des Bww (Betriebswagenwerks) Köln Bbf errichtet und westlich vom Betriebswerk Betriebsbahnhof das „neue“ Bw Gereon gebaut. Dieses wurde im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört und in den 1960er-Jahren endgültig aufgegeben. In dem gesamten Bereich ist das Betriebswerk Köln Bbf als einziges gegenwärtig noch vorhanden, wenn auch in arg reduziertem Zustand. Zurück in die Zeit um 1913: Damit man die Strecken hochlegen konnte, die als Gleisdreieck die Betriebswerkstätte Nippes (alt) umgaben, wurde deren Ringlokschuppen zum größten Teil abgebrochen und das Gelände teilweise zugeschüttet. Möglicherweise befinden sich unter diesen Anschüttungen noch Reste der Anlage, Fundamente der Lokstände sind noch auf einem Luftbild aus den 1920er Jahren zu erkennen. Der nördliche Teil der Betriebswerkstätte ist seither von folgenden, hochgelegten Strecken überdeckt:
Ein Stück des südlichen Bereichs des Ringlokschuppens ist erhalten geblieben. Seine Außenmauer wurde dort zwar im oberen Teil abgetragen, die verbliebene untere Partie jedoch als Abschluss für die Terrasse eines Sportplatz-Gebäudes weiter verwendet. Als Abstützung wurde außen vor dem Rest der Lokschuppenmauer Erdreich angeschüttet. Hinter dieser Schräge verbirgt sich die Basis der Schuppenwand mit einer Höhe von (geschätzt) etwa zwei bis drei Metern. Im oberen Bereich tritt die Mauer weiterhin frei zu Tage.
Lageplan der Betriebswerkstätte Cöln-Nippes (alt) aus der Zeit um 1909. Norden ist hier „rechts unten“, in dieser Richtung geht es nach Neuss. „Oben“ (also nach Westen) die Strecke nach Ehrenfeld, und links unten die sagenhafte Blockstelle „Großkreuz“, von der außerdem die Strecken zum Hauptbahnhof und nach Koblenz abzweigten. An der Hornstraße (oben) der zweiständige Lokschuppen des Kölner Schlacht- und Viehhofs.
Vogelschau: Vor der im Hintergrund angedeuteten militärischen Befestigung Kölns (geheim, geheim!) ist hier um 1895 die Betriebswerkstätte Nippes (alt) zu sehen. Die Verbindungsbahn Nippes–Ehrenfeld verläuft damals noch östlich vom Ringlokschuppen. Vorne einige Gebäude des städtischen Schlacht- und Viehhofs, dort links vom Bahnübergang Hornstraße dessen Lokomotivschuppen und Stellwerk „Nr. 2“. Der Blick geht in südliche Richtung.
Die Rückseite der Betriebswerkstätte, vermutlich um 1913. Sie ist hinter den beiden rechten Öffnungen der Überführung der Aachener Strecke über die Hornstraße zu erahnen. Man hat bereits damit begonnen, den neuen Bahndamm der Strecke nach Neuss anzuschütten. Über ihm heben sich die Rauchabzüge und Lüfter auf dem Ringlokschuppen-Dach deutlich gegen den Himmel ab.
Das blieb erhalten: Von der Rückseite des südlichen Teils des Ringlokschuppens dient die untere Mauer-Partie als Einfassung der bogenförmigen Terrasse eines Sportplatz-Gebäudes. Unter der Fläche, die jetzt die Terrasse bildet, war also einst die Heimat preußischer Dampflokomotiven und der Arbeitsplatz vieler Eisenbahner. Der von hier aus gesehene weitere Verlauf der gekrümmten Mauer läßt sich hinten an den Laternen gut erkennen. Im Hintergrund der mit Gestrüpp und Bäumen bewachsene Bahndamm der Reisezugstrecke Neuss–Köln Hbf. (Foto: Joachim Biemann, 13.04.1986)
– wird fortgesetzt –
Autor dieses Beitrags: Joachim Biemann
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