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Zackiges Profil: SNCB 1801 am 19.07.1976 in Köln Hbf. |
Riesig, exotisch, laut – drei Attribute, die in den letzten drei Jahrzehnten eigentlich nur auf eine Loktype in Köln passten: auf die elektrischen Lokomotiven der SNCB/NMBS-Baureihe 18.
Am Anfang ihrer Geschichte steht eine französische Lok, die SNCF-Reihe CC 40100. Von diesen Co’Co’-Maschinen wurden 1964 vier Stück, 1970 nochmals sechs Stück für die Strecke Brüssel–Paris gebaut. Sie dienten der SNCB (Société Nationale des Chemins de Fer)/NMBS (Nationale Maatschappij von Belgische Spoorwegen) als Ausgangspunkt für eine eigene Serie von sechs Maschinen – die Baureihe 18. Die französische und die belgische Version stimmten nahezu vollständig miteinander überein. Äußerlicher Unterschied zwischen beiden Varianten war die Lackierung: rote Farbstreifen und -flächen in Frankreich, blaue in Belgien.
Die 18er wurden von Alsthom in Frankreich entwickelt und 1973 gebaut. Die Lokkästen mit ihrem „exotisch-zackigen“ Frontprofil stellte allerdings die belgische Firma SA La Brugeoise et Nivelles her.
Vierstromlokomotiven waren die 1801 bis 1806 – das bedeutete, dass die Maschinen unter folgenden Stromsystemen fahren konnten:
Ihre Stundenleistung betrug 4450 kW (6050 PS), die Dauerleistung 4320 kW (5870 PS), also etwa so viel Power wie die Baureihe 150 der Bundesbahn. Und das mit nur einem Motor (mit zwei Ankern) je Drehgestell. Die „max. snelheid“ konnte sich mit 180 km/h wahrlich sehen lassen, ein richtiger Renner. Allerdings wurde berichtet, dass die 18er über 130 km/h nicht die besten Laufeigenschaften besaßen.
Ein Riese war sie zweifellos, „Lengte over buffers“: 22080 Millimeter, keinen weniger. „Unsere“ 103 ist mehr als zweieinhalb Meter kürzer. In den engen Radien zwischen Köln Hauptbahnhof und der Hohenzollernbrücke sah die 18er schon fast beängstigend lang aus.
Im Winterfahrplan 1986/87 konnte man in Köln die 18 und die vierachsigen SNCB/NMBS-Loks der Baureihe 16 in einem gemeinsam bestrittenen Umlauf beobachten, der diese Züge umfasste:
Zug | Zuglauf | Lok |
---|---|---|
EC 48 | Köln–Oostende; Zugname „Memling“ | aus EC 49 (Vortag) |
D 311 | Paris Nord–Köln | => D 314 |
D 312 | Köln–Oostende | aus D 327 (Vortag) |
D 313 | Oostende–Köln | => EC 42 |
D 314 | Köln–Oostende | aus D 311 |
EC 42 | Köln–Paris Nord; Zugname „Gustave Eiffel“ | aus D 313 |
D 321 | Oostende–Köln | => D 324 |
EC 49 | Köln–Oostende; Zugname „Memling“ | => EC 48 (nächster Tag) |
D 324 | Köln–Oostende | aus D 321 |
D 323 | Oostende–Köln | => D 326 |
D 326 | Köln–Paris Nord | aus D 323 |
D 327 | Oostende–Köln | => D 312 (nächster Tag) |
Damals wurde vor allem der Lauf D 313/EC 42 von der Baureihe 18 gefahren. Alle anderen in dieser Tabelle nicht verzeichneten Züge von Köln nach Oostende und nach Paris waren bis/von Aachen mit DB-110ern der Bahnbetriebswerke Köln-Deutzerfeld und Dortmund Bbf bespannt.
1801 bis 1804 wurden an das Depot Bruxelles-Midi geliefert, die beiden anderen an Kinkempois, wo alle 18er seit 01.01.1974 bis zu ihrem Ende beheimatet waren. Seit 1999 sind sie nicht mehr im Einsatz. Bereits 1997 mussten sich 1802, 1803 und 1804 von den Schienen verabschieden. Lok 1805 hatte am 12.07.1999 ihre letzte Fahrt.
Näheren Aufschluss über die Ausmusterungen der 18er bietet Locomotives de la série 18 (SNCB) von der empfehlenswerten privaten (inoffziellen) SNCB/NMBS-Site Chemins de Fer Belges. Die folgende Übersicht beruht hauptsächlich auf den dortigen Angaben und auf „Les locomotives polytension“, Seite 59 (dort sind Betriebsbuchs-Auszüge der 18er zu finden).
Lok | angeliefert | ausgemustert | Bemerkungen |
---|---|---|---|
1801 | 06.11.1973 | 01.06.1999 | abgestellt in Ronet (andere Angabe: Salzinnes) |
1802 | 20.11.1973 | 14.04.1997 | abgestellt in Kinkempois |
1803 | 07.12.1973 | 01.04.1997 | abgestellt in Salzinnes, 14.10.2005 (andere Angabe: seit 2006) in Raeren abgestellt vorhanden (ehem. Lokschuppen der Venbahn) |
1804 | 11.12.1973 | 01.01.1997 | Ersatzteilspender für die verbleibenden 18er; abgestellt in Kinkempois |
1805 | 23.01.1974 | 14.07.1999 | seit 01.2001 erhalten vom PFT/TSP (Saint-Ghislain, Belgien) |
1806 | 22.02.1974 | 14.07.1999 | 14.10.2005 in Raeren abgestellt vorhanden (ehem. Lokschuppen der Venbahn); andere Angabe: abgestellt in Ronet |
Bei der früheren Angabe, Lok 1803 sei von der Museumsbahn PFT/TSP (= Patrimoine Ferroviaire Touristique/Toeristisch Spoorpatrimonium) erhalten, handelte es sich offenbar um eine nicht verwirklichte Absicht, statt dessen befindet sich Lok 1805 bei dieser Museumsbahn (siehe auch die Home Page von PFT/TSP).
Ach ja, am Anfang war die Rede vom 18er-Attribut „laut“. Wer es nicht gehört hat, kann sich nicht vorstellen, zu welchem Getöse die Lüfter der 18 imstande waren. Unvergessen – und adieu, schöne Lok!
Korrekturen und Ergänzungen dieses Beitrags nach der Internet-Veröffentlichung:
Schnelle Lok vor alten Waggons: SNCB 1803 im Bahnhof Köln-Deutz am 09.04.1977, vermutlich vor D 324. Ganz hinten rechts ist noch der Wasserturm des Bw Deutzerfeld auszumachen.
Blick ins Bw Köln-Deutzerfeld am 26.03.1983, gesehen aus einem Lok-Führerstand: SNCB 1802 wird in Kürze zum Betriebsbahnhof Deutzerfeld rollen, um sich dort vor ihren Zug setzen. 110 482 (Mitte) begibt sich gerade zur Ruhe vor dem Lokschuppen, und rechts wartet 110 480 darauf, die Drehscheibe befahren zu können.
Erstklassig: SNCB 1801 fährt vor TEE 42 am 24.05.1976 in den Kölner Hauptbahnhof ein.
Tempo, Tempo: SNCB 1805 in neuer Lackierung durcheilt vor EC 42 den Bahnhof Horrem, 20.09.1986. Die schöne Brücke aus Beton (!) im Hintergrund wurde inzwischen leider abgebrochen. Werkbahn-Leser von BiR kennen den Foto-Standort dieses Bilds: die Sturzrampe der Horremer Quarzwerke.
Autor dieses Beitrags: Joachim Biemann
Online: 05.07.2000
Version vom 27.10.2007
html-Status: 05.06.2010
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